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Nachdem in den vorherigen Beiträgen die wesentlichen Elemente und Einstellmöglichkeiten des Lagerwertberichts aufgezeigt wurden, soll nun auf einige Problemstellungen dieses Berichts sowie des zugehörigen potentiellen Konflikteberichts zwischen Hauptbuch und Lager eingegangen werden. Ausgangspunkt der nachfolgenden Erläuterungen sind die folgenden Beispielbuchungen, die für einen eigens eingerichteten Artikel „L1000“ im Januar 2015 durchgeführt wurden.
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Nachdem die obenstehenden Testtransaktionen erfasst wurden, weist der Lagerwertbericht die folgenden Daten aus:
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Die im Lagerwertbericht gelb hervorgehobenen Gesamtmengen und Gesamtwerte lassen sich durch die im folgenden Screenshot ebenfalls gelb hervorgehobenen Lagerbuchungen des Artikels erklären.
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Wie Sie dem vorherigen Screenshot entnehmen können, werden nicht alle Lagerbuchungen zum Artikel im Lagerwertbericht dargestellt. Die Maske „Am Lager“ stellt dies nochmals auf andere Art und Weise dar und erlaubt hierdurch einen einfachen Vergleich mit dem im Lagerwertbericht ausgewiesenen Mengen und Werten.
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Aus den beiden vorstehenden Screenshots geht hervor, dass nur physisch bzw. finanziell aktualisierte Transaktionen Aufnahme in den Lagerwertbericht finden. Im Lager entnommene bzw. erfasste Bewegungen denen kein physischer oder finanzieller Wert zugeordnet ist finden im Lagerwertbericht dagegen keine Berücksichtigung.

Um die mit dem Lagerwert verbundenen Probleme nachfolgend im Detail aufzeigen zu können, wurden die für den Artikel „L1000“ im Januar 2015 durchgeführten Transaktionen für einen zweiten Artikel („L1100“) im Februar 2015 wiederholt. Im Ergebnis wies der Lagerwertbericht nun die folgenden Daten aus:
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Problem 1: Datumsintervall
Um ausschließlich die Buchungen des ersten Testartikels „L1000“ zu analysieren, die im Januar 2015 erfasst wurden, habe ich den Lagerwertbericht wie folgt aufgerufen:
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Ergebnis:
Mit der vorstehenden Datumseinschränkung wies der Lagerwertbericht nun die folgenden Daten aus:
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Wie man aus dem vorstehenden Screenshot unschwer erkennen kann, wird am Ende des Lagerwertberichts eine Differenz zwischen Hauptbuch und Lager in Höhe von 14250 EUR ausgewiesen. Diese Differenz entspricht der Summe der Artikelbuchungen, die für den zweiten Testartikel „L1100“ im Monat Februar 2015 erfasst wurden.

Dieses Ergebnis ist für die Lagerabstimmung sehr wichtig, da nur die am Berichtsende ausgewiesenen Sachkontensalden, nicht aber die Lagerbewegungen durch das eingegebene Datumsintervall zeitlich eingeschränkt werden. Dies erkennt man auch daran, dass im oberen Berichtsbereich der zweite Testartikel „L1100“ (blau hervorgehoben) ausgewiesen wird, obwohl alle Transaktionen für diesen zweiten Testartikel ausschließlich im Februar 2015 durchgeführt wurden.

Eine unmittelbare Konsequenz aus dieser Feststellung ist, dass der Lagerwertbericht für die monatliche stichtagsbezogene Bestandsabstimmung (theoretisch) zu einem Zeitpunkt aufgerufen werden müsste, zu dem noch keine Transaktionen im Folgemonat erfasst wurden, weil eine stichtagsbezogene Rückdatierung des Berichts nicht möglich ist.

Bitte beachten Sie, dass auch die im folgen Screenshot dargestellte datumsmäßige Einschränkung des Lagerwertberichts das zuvor beschriebene Problem nicht löst. Dies liegt darin begründet, dass die dargestellte datumsmäßige Filterung auf die Lagertransaktionen nicht dafür Sorge trägt, dass die im Februar 2015 erfassten Transaktionen für den zweiten Artikel „L1100“ aus dem Lagerwertbericht ausgeschlossen werden.
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Anmerkung:
Die hier dargestellten Transaktionen und Ergebnisse wurden in einer Microsoft Dynamics AX2012 R3 „Contoso“ Umgebung durchgeführt, die auf der Microsoft Partnersource zur Verfügung steht. Zahlreiche weitere Test auf unterschiedlichen Dynamics AX 2012 R2 und R3 Versionen brachten zu Tage, dass der hier beschriebene Fehler nicht in allen Dynamics AX Versionen auftritt, sondern neben der verwendeten Systemversion entscheidend auch von den eingespielten Hotfixen abhängt. Ob das hier beschriebene Problem demnach in ihrem System auftritt oder nicht, kann daher an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Unabhängig hiervon brachte eine Suche nach Problemen mit dem Lagerwertbericht auf Microsoft Lifecycle Services eine Vielzahl an Treffern hervor die darauf hindeuten, dass es vergleichsweise viele Probleme mit dem Lagerwertbericht zu geben scheint. Hier das Ergebnis meiner Suche:
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Problem 2: Einrichtung von Summenkonten für den Lagerabgleich
Ein weiteres grundsätzliches Problem bei der Einrichtung des Lagerwertberichtes besteht darin, dass Benutzern keine Hilfestellung bei der Einrichtung der Summenkonten zur Verfügung gestellt wird, die für den Fibu-Lagerabgleich erforderlich sind. Werden bei der Einrichtung der Summenkonten im Hauptbuch ein oder mehrere Konten vergessen, so kommt es unweigerlich zum Ausweis von (scheinbaren) Differenzen zwischen Hauptbuch und Lager. Das folgende Beispiel stellt die Problemstellung nochmals dar. Beispiel:

Für Testzwecke wird ein neues Summenkonto 149999b eingerichtet, bei dem im Vergleich zum ursprünglichen Setup mit dem Summenkonto 149999 das Konto 140201 bewusst ausgeklammert wird.
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Ergebnis (1):
Wie erwartet weist der Lagerwertbericht nun eine Differenz in Höhe von 900 EUR aus, welche dem Saldo des ausgeklammerten Sachkontos 140201 entspricht. Ein Hinweis auf dieses fehlende Konto ist im Lagerwertbericht leider nicht aufgeführt.
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Ergebnis (2):
Da der Lagerwertbericht keinerlei Hinweis auf das fehlende Sachkonto lieferte, wurde der potentielle Konfliktebericht gestartet in der Hoffnung weitergehende Hinweise hierauf zu erhalten. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im folgenden Screenshot dargestellt.
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Aus dem vorstehenden Screenshot kann man erkennen, dass der potentielle Konfliktebericht zwar einige Hinweise zur hervorgerufenen Abweichung liefert. Gleichzeitig ist allerdings auch erkennbar, dass dieser Bericht Benutzer nicht auf die fehlerhafte Summenkontoeinrichtung hinweist.

 

Problem 3: Berichtsfilter
Nach der Filterung auf den Datumsbereich wird der Lagerwertbericht nun mit einer Filterung auf einen bestimmten Artikel („L1100“) aufgerufen.
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Ergebnis:
Der eingegebene Artikelfilter sorgt in der Tat dafür, dass im oberen Bereich des Lagerwertberichts ausschließlich die Lagertransaktionen des gefilterten Artikels angezeigt werden. Unglücklicherweise findet keine gleichlaufende Filterung auf die Sachkontobuchungen statt, die am Ende des Berichts aufgeführt sind, so dass es zu einer scheinbaren Abweichung zwischen Hauptbuch und Lager kommt.
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Dieses Ergebnis sowie das zuvor aufgezeigte Problem mit der Filterung auf ein bestimmtes Datumsintervall verdeutlichen nochmals, dass der Einsatz von Filtern im Lagerwertbericht nur mit größter Sorgfalt vorgenommen werden sollte und das hieraus resultierende Ergebnis unbedingt gegenzuprüfen ist.

 

Problem 4: Filter potentieller Konfliktebericht
Als nächstes wird ähnlich wie zuvor beim Lagerwertbericht eine Filterung auf einen bestimmten Artikel beim Aufruf des potentiellen Konflikteberichts vorgenommen.
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Ergebnis:
Der potentielle Konfliktebericht zeigt nun eine Abweichung zwischen Hauptbuch und Lager in Höhe von 14250 EUR auf. Diese ausgewiesene Abweichung deutet eigentlich darauf hin, dass ein Problem besteht. Der potentielle Konfliktebericht stellt hierzu allerdings keine weitergehenden Informationen zur Verfügung außer der, dass keinen Daten verfügbar sind. Dieses Standardverhalten kann verwirrend sein.
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Problem 5: Fremdfertigungsartikel (1)
Ein weiterer Problembereich des Lagerwertberichts besteht im Zusammenhang mit Serviceartikeln, die im Rahmen von Fremdfertigungsprozessen eingesetzt werden. Den Dynamics AX Handbüchern und den Informationen auf TechNet zufolge sind solche Artikel als „bestandsgeführte Dienstleistungsartikel“ einzurichten (siehe z.B. die Ausführungen auf der folgenden TechNet Seite).

Um zu prüfen welchen Einfluss Fremdfertigungsartikel auf die im Lagerwert ausgewiesenen Werte hat, wurde der folgende Fertigungsartikel „L6000“ eingerichtet. Dieser Artikel besteht aus einem Einzelteil „L6001“ sowie einem Fremdfertigungsdienstleistungsartikel „L6002“. Der folgende Screenshot stellt den Fertigartikel sowie dessen Komponenten überblicksartig dar.
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Bitte beachten Sie, dass der Fremdfertigungsartikel mit einer Lagersteuerungsgruppe eingerichtet wurde, die sowohl den Parameter für die physische Bestandsbuchung als auch den Parameter für wertmäßige Bestandsbuchungen aktiviert hat. Ohne die Aktivierung dieser Parameter wären die Produktionsbuchungen aus Finance & Controllingsicht unvollständig / falsch.
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Vor dem Hintergrund dieser Einstellungen zeigt der Lagerwertbericht nach Abschluss des Produktionsauftrags des Fertigartikels allerdings vor Buchung der Bestellrechnung des Fremdfertigungsartikels eine Abweichung in Höhe von 10 EUR auf.
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Die Ursache für die ausgewiesene Abweichung besteht darin, dass Dienstleistungsartikel grundsätzlich nicht im Lagerwertbericht ausgewiesen werden. Solange die Lieferantenrechnung für die Fremdfertigung nicht gebucht wurde sind die zur Produktion des Fertigartikels zugehörigen Buchungen demnach unvollständig, was zum Ausweis einer Abweichung im Lagerwertbericht führt. Bitte beachten Sie, dass der potentielle Konfliktebericht eine vergleichbare Abweichung in Höhe von 10 EUR ausweist.
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Mit der Buchung der Bestellrechnung für den Fremdfertigungsartikel verschwinden die ausgewiesenen Differenzen im Lagerwertbericht bzw. im potentiellen Konfliktebericht.

Hinweis: Die hier aufgezeigte Differenz tritt nur dann auf, wenn der Produktionsauftrag beendet wird bevor die Bestellrechnung für den Fremdfertigungsartikel gebucht wird.

Unabhängig hiervon ist diese Feststellung allerdings äußerst problematisch, speziell in Unternehmen mit einer permanenten Produktion, weil der Lagerwertbericht und der potentielle Konfliktebericht in diesen Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit immer eine Abweichung ausweisen.

 

Problem 6: Fremdfertigungsartikel (2)
Neben dem zuvor aufgezeigten Problem dass der Lagerwertbericht bei Fremdfertigungsartikeln eine Abweichung zwischen Fibu und Lager ausweist bis die zugehörige Bestellrechnung gebucht wurde, besteht ein weiteres Problem bei Fremdfertigungsartikeln darin, dass eine Differenz immer dann bestehen bleibt, wenn (a) der Produktionsauftrag abgeschlossen wurde bevor die Bestellrechnung für den Fremdfertigungsartikel gebucht wurde und (b) sich der Rechnungspreis des Fremdfertigungsartikels von dem Bestellpreis unterscheidet. Die nachfolgenden Darstellungen zeigen dieses Problem auf.

Beispiel: Statt des üblichen vereinbarten Preises von 10 EUR, stellt der Lieferant des Fremdfertigungsartikels 12 EUR in Rechnung.DE_30_0115
Nach Abschluss der Produktion und der Fakturierung der Bestellung weist der Lagerbericht eine Differenz in Höhe von 2 EUR aus.
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Diese Differenz wird erst durch eine Lagerneuberechnung/Lagerabschluss richtig gestellt.
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Hinweis: Auch hier tritt die aufgezeigte Differenz tritt nur dann auf, wenn der Produktionsauftrag beendet wird bevor die Bestellrechnung für den Fremdfertigungsartikel gebucht wird.

 

Zusammenfassung:
Die in diesem Beitrag aufgezeigten Problemstellungen erlauben die Schlussfolgerung, dass der Lagerwertbericht und der zugehörige potentielle Konfliktebericht – speziell in Produktionsunternehmen – nur sehr bedingt für die Abstimmung zwischen Fibu und Lager geeignet sind.

Speziell die aufgezeigten Probleme rund um die Filterung des Lagerwertberichts sowie die Probleme im Zusammenhang mit Fremdfertigungsartikeln erlauben de facto keinen Einsatz dieses Berichts in einem Unternehmen mit einer permanenten „rund um die Uhr“ Fertigung.

Hinzu kommt noch die vergleichsweise lange Laufzeit des Lagerwertberichts, die sich trotz Nutzung der Stapelverarbeitungsfunktionalitäten nach der Erfahrung des Verfassers kaum unter 10-15 Minuten reduzieren lässt. Aufgrund dieser vergleichsweise langen Laufzeit sowie fehlender Drill-down Möglichkeiten eignet sich der Lagerwertbericht daherfür detaillierte Lagerwertanalysen nicht.

Wie die hier aufgezeigten Probleme umgangen werden können und welche Möglichkeiten bestehen Differenzen zwischen Hauptbuch und Lager möglichst nicht entstehen zu lassen wird in den folgenden Beiträgen aufgezeigt.